Samstag, 26. Januar 2008

Tempo de racolta

Die Filme von Luigi di Gianni spielen in Süditalien. Noch ein Stück weiter geradeaus übers Meer und man landet in Tunesien, der Heimat meines Vaters. Als Kind verbrachten wir die Ferien in seinem Heimatdorf nicht weit von Tunis. Ich erinnere mich an staubige Strassen, fremde Gesänge, Frauen mit Tüchern über dem Kopf. Ich erinnere mich an ihr exzessives Wehklagen bei Beerdigungen und ihr ausgelassenes Tanzen bei Festen. Kurzum, meine Erinnerung deckt sich mit den Bildern aus di Giannis 'Magia Lucana', genau so ländlich, genau so karg, genau so staubig und genau so ruhig war es in diesem Dorf noch weiter südlich von Südeuropa.

Ich erinnere mich noch gut an an meine Großmutter und an ihren gebückten Gang. Ihr Körper war müde von den vielen Geburten, der Hausarbeit, der Arbeit auf dem Feld. Trotzdem habe ich sie fast nie sitzen sehen, immer wischte sie den Boden, kochte Essen, fegte die Veranda. Ihre Körperhaltung war ungefähr die gleiche wie die der Frauen in 'Tempo de racolta', nur aufrichten konnte sie sich nicht mehr. Das Leben der Frauen in diesem tunesischem Dorf lief nicht viel anders ab als das der weißen Witwen im Film. Früh Aufstehen, Kinder versorgen, Arbeit auf dem Feld und zu all dem noch die Hausarbeit.

Vieles an di Giannis Filmen hat mich an Tunesien erinnert. Die karge Landschaft, das langsame Leben, die harte Arbeit, der von Kulten durchzogene Alltag. Ich bin in Mitteleuropa Anfang der 70er Jahre geboren. Auch hier habe ich auf dem Land gelebt, aber an solche Bilder erinnere ich mich nicht. Di Giannis Film spielt Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Es könnten genauso noch hundert Jahre früher sein.



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