
1971 verfasst der 85-jährige Kokoschka seine Memoiren: „Mein Leben“. Alma Mahler-Werfel bleibt darin nicht unerwähnt. Beiläufig berichtet er von ihrem ersten Zusammentreffen im Haus ihres Stiefvaters Carl Moll. Sie war neugierig auf ihn, wie er sagt, weil sie schon von ihm gehört hatte (S. 128). Kokoschka konnte seine unglückliche Liebe zu ihr dermassen schlecht verwinden, dass er eine Zeit lang mit einer Puppe an ihrer statt gelebt hat. Ich hätte doch mindestens einen Satz wie 'an diesem Abend traf ich meine große Liebe Alma' erwartet. Statt dessen stehen da verständnisvolle Worte für Almas Situation nach Mahlers Tod. Ein Verständnis, dass zu jener Zeit sicher nicht vorhanden war, sondern nur unbändige Eifersucht. Der Rückblick eines alten Mannes auf seine leidenschaftliche Jugend?
Er schreibt über sein Zögern, sie zu portraitieren: „Erstens hatte ich noch nie ein weibliches Wesen gemalt, das auf den ersten Blick in mich verliebt zu sein schien und andererseits hatte ich eine gewisse Scheu: Wie konnte einer Glück erwarten, da kurz vorher ein anderer gestorben war.“ (S.129) Von seiner eigenen sofort entflammten Leidenschaft und dem ersten Liebesbrief, den er ihr gleich Tags darauf schrieb, steht da nichts. „Eine sehr passionierte Beziehung begann, sie hat drei Jahre lang gehalten.“ (S.129) Das ist mehr als knapp. Und nicht ohne Dünkel. „Da ich erst jetzt die Lebensgeschichte von Alma Mahler durchblättere, sehe ich, dass sie mich bis zum Ende nicht vergessen konnte.“( S.129)

Zwei Schlüsse drängen sich auf. 1) In dieser Liebe sind zwei überaus starke und extravagante Persönlichkeiten auf einander getroffen. 2) Das Malen und Schreiben scheinen bis zu einem gewissen Grade wirklich dazu beigetragen zu haben, dass Drama der unglücklichen Liebesbeziehung aufzulösen. Bleibt die Frage nach der Puppe. Was hat das Zusammenleben mit ihr für Kokoschka bewirkt?
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