Sonntag, 20. Januar 2008

Ob es Hass ist, solche Liebe?


Diesen klangvollen Titel trägt das Buch, das Hilde Berger über die besondere Liebesbeziehung zwischen Oskar Kokoschka und Alma Mahler geschrieben hat. Sie rekonstruiert die Geschichte aus den zahlreichen Werken Kokoschkas, in denen sie ihren Niederschlag fand (Malerei, Graphik, Prosa, Lyrik und Drama) und aus den vielen Briefen, die sich Oskar und Alma schrieben. Hilde Berger selber sagt, sie habe einiges erfunden und manches kombiniert, um es zu einer Geschichte zusammenzufügen. Das Buch wird leider nicht mehr neu aufgelegt und wurde bis vor kurzem auf Amazon noch für 35 Euro gehandelt, mittlerweile ist es wieder vergriffen. Als findige Studentin habe ich es mir über Fernleihe besorgt. Ich fand es recht kurzweilig, wenn auch nicht herrausragend gut erzählt oder beschrieben. Der Titel mutet leicht pathetisch an, bei fortschreitender Lektüre wird jedoch klar, dass er einem Dialog in Kokoschkas Theaterstück "Orpheus und Eurydike" vorkommt: 'Was wir umringen, ewig Glück ist anders - Ob es Hass ist, solche Liebe? Dies Verlangen - ' (S. 185) Das sagt Eurydike zu Orpheus, bevor sie ihn ein letztes Mal küsst und dann erwürgt, zumindest bei der Dresdner Aufführung in Hilde Bergers Buch. In Dresden wohnt Kokoschka, seit dem er fast im Krieg geblieben ist, dort lebt er mit seiner Puppe und dem Hausmädchen Hulda ein einsames Leben. Und dort führt er "Orpheus und Eurydike" auf, das er fiebernd in einem Feldlazarett bei Wladimir-Wolynskij in nur zehn Tagen geschrieben hatte. Er verarbeitet so sein eigenes Drama mit Alma, zeit ihrer Beziehung war er eifersüchtig auf Gustav Mahler und versuchte, die Geliebte dem Toten(reich) zu entreißen, nur um sie schließlich ganz zu verlieren.


Die Ausgabe von 1999 wählt ein anderes Cover, ein Selbstbildnis von Kokoschka zusammen mit der Puppe. Leblos und starr schaut sie den Betrachter an, Kokoschka wieder rum zeigt in ihren Schoss, den Ursprung aller seiner Leiden. In Dresden tuschelt die Gesellschaft darüber, dass er mit einer Puppe zusammen wohnt, machmal bekommt er Avancen von Damen: "...wenn ihn die Puppe mal nicht mehr genügend wärmt..." Hilde Berger beginnt ihr Buch mit der Geschichte von Lilith, Oskars erster, aber unerfüllter Liebe (eine Hospitantin an der Wiener Kunstgewerbeschule) und beendet sie mit dem versehentlichen Mord an der Almapuppe. Während Oskar in den Armen einer venezianischen Kurtisane ruht, steigt unabsichtlich jemand auf den Kopf der Puppe. Ein Stöckelschuh verheddert sich und reisst den Puppenbauch auf. Von ihr bleiben nur die Einzelteile, Fetzen, Rosshaar, Draht und Watte...

Als der Herr Adam erschaffen hatte, sprach er: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. Und er schuf ein Weib aus der Erde, aus der auch Adam gebildet war, und hieß ihren Namen Lilith. Alsbald hatten die beiden Streit miteinander, und Lilith sprach: Bist doch nur meinesgleichen, beide sind wir von der Erde genommen; und eins hörte nicht auf das Wort des anderen. Wie nun Lilith sah, daß kein Friede war, flog sie davon in die Lüfte.

Jüdiche Legende (Bergers Buch vorrausgestellt)

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